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Beratungsstellen melden 174 Opfer von Menschenhandel in der Schweiz

Eine Statistik zeigt, wie viele Menschen in der Schweiz 2020 Opfer von Menschenhandel wurden. Die Dunkelziffer dürfte laut Beratungsstellen aber weitaus höher sein.

Vier Beratungsstellen der Schweizer Plattform gegen Menschenhandel haben zum ersten Mal eine gemeinsame Statistik erstellt. Diese zeigt, dass im letzten Jahr 174 Menschen Opfer von Menschenhandel wurden. «Diese Zahlen sind nur die Spitze des Eisbergs und die Dunkelziffer liegt viel höher», lässt sich Anne Ansermet, Geschäftsführerin der Waadtländer Organisation Astrée, zitieren. Es seien die umfassendsten Zahlen, die in der Schweiz zu Personen existieren, die als Opfer von Menschenhandel identifiziert und betreut wurden, heisst es in der Mitteilung. Die Mehrheit der Opfer sind gemäss der Statistik mit 86 Prozent Frauen. Rund zwei Drittel der Personen wurden in der Prostitution ausgebeutet. Ein Drittel sind Betroffene, deren Arbeitskraft ausgebeutet wurde und jene, die gezwungen wurden, illegale Handlungen wie Diebstahl vorzunehmen. Die häufigsten Herkunftsländer der neu identifizierten Opfer waren demnach im letzten Jahr Rumänien, Nigeria, Kamerun und Ungarn. 40 Prozent der Opfer stammten aus Europa, 40 Prozent aus Afrika und jeweils rund 10 Prozent aus asiatischen und lateinamerikanischen Ländern.

Verletzung der Europaratskonvention

«Ein Drittel der von uns beratenen Personen wurde im Ausland ausgebeutet», wird Doro Winkler, Leiterin Fachwissen und Advocacy der Zürcher Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration FIZ, in der Mitteilung zitiert. Diese Personen hätten nach Schweizer Opferhilferecht kein Anrecht auf Unterstützung. Das widerspreche der Europaratskonvention zur Bekämpfung von Menschenhandel, welche die Schweiz unterzeichnet habe. Aus Sicht von Anna Schmid, Koordinatorin der Schweizer Plattform gegen Menschenhandel, braucht es mehr Ressourcen für eine Sensibilisierung der Institutionen und der Öffentlichkeit. Denn die Opfer von Menschenhandel würden oftmals nicht als solche identifiziert. Der Beratungsplattform gehören neben Astrée und FIZ auch die Genfer Organisation Centre Social Protestant (CSP) und die Antenna MayDay SOS Ticino an.

Quelle: www.ref.ch, 1. September 2021