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Caritas alarmiert über Kinderarmut in der Schweiz

Mehr als 100'000 Kinder sind in der Schweiz von Armut betroffen. Das Beispiel von vier Vorreiter-Kantonen zeigt, dass es wirksame Massnahmen gegen Kinderarmut gibt. Caritas fordert das neue Parlament dazu auf, einen rechtlichen Rahmen für eine schweizweite Bekämpfung der Kinderarmut zu schaffen.

Statistisch gesehen sitzt in der Schweiz jeder Schulklasse mindestens ein Kind, das von Armut betroffen ist. Caritas ist über dieses Ausmass alarmiert: «Es darf nicht sein, dass Kinder wegen des ungenügenden Einkommens ihrer Eltern in ihrer Entwicklung behindert werden und für ihre Familiensituation, in der sie aufwachsen, gesellschaftlich bestraft werden», sagt Hugo Fasel, Direktor der Caritas Schweiz. Dass der Bund sich aus der Armutsbekämpfung heraushält und die Zuständigkeit dafür allein den Kantonen überträgt, ist für die Caritas nicht akzeptabel. Sie fordert deshalb den Bundesrat und das neue Parlament auf dazu, Kinderarmut entschieden entgegenzutreten und die notwendigen Massnahmen auf Bundesebene einzuleiten.
 
Vier Kantone bekämpfen Kinderarmut mit Erfolg

Dass es wirksame Massnahmen gegen die Kinderarmut gibt, haben vier Kantone unter Beweis gestellt. In Genf, Waadt, Tessin und Solothurn hat die Einführung von Ergänzungsleistungen für Familien dazu geführt, dass deutlich weniger Familien Sozialhilfe beziehen müssen. Evaluationen verdeutlichen die positive Wirkung, die Armutsquoten konnten teilweise beträchtlich gesenkt werden. Besonders wirksam ist das Modell Waadt. Dort werden Familienergänzungsleistungen bis ins Jugendalter ausbezahlt. Zudem übernimmt die Waadt den höchsten Anteil der Kinderbetreuungskosten und erstattet Gesundheitskosten zurück.
 
Es braucht eine schweizweite Lösung

Dass trotz dieser positiven Erfahrungen ein vergleichbares Instrument in den 22 anderen Kantonen fehlt, macht deutlich, dass nun die Bundepolitik aktiv werden muss. Caritas macht sich stark dafür, dass der Bund ein Rahmengesetz schafft, welches das Instrument der Ergänzungsleistungen für Familien gesetzlich verankert und für die ganze Schweiz einführt. Der Bund muss Mindestvorschriften für die Ausgestaltung festlegen und seine Mitfinanzierung der Leistungen definieren. Ergänzungsleistungen für Familien fördern die Selbstverantwortung, schaffen Anreize zur Erwerbstätigkeit und sind zudem mit weniger administrativem Aufwand verbunden als die Sozialhilfe. Dass sie damit auch Postulaten einer liberalen Sozialpolitik entsprechen, kommt dadurch zum Ausdruck, dass die Ergänzungsleistungen in den vier betroffenen Kantonen von bürgerlich dominierten Parlamenten eingeführt wurden.
 
Vielfältige Ursachen von Kinderarmut

Dass Kinder in der reichen Schweiz von Armut betroffen sind, hat vielfältige Ursachen. Kinder kosten zwischen 7000 und 14'000 Franken pro Jahr, was besonders für Eltern mit tiefen Einkommen belastend ist. So stammen 70 Prozent aller armutsbetroffenen Kinder aus Working-Poor-Familien. Dazu ist Vereinbarkeit von Familie und Beruf mangelhaft und stellt vor allem Familien mit flexiblen Arbeitsverhältnissen vor oft unüberwindbare Probleme. Weil das Risiko einer Scheidung schlecht abgesichert ist, sind überdurchschnittlich viele Kinder von Alleinerziehenden armutsbetroffen. Insgesamt liegt die Schweiz bei Investitionen in Kinder und Familien deutlich unter dem europäischen Durchschnitt.

Quelle: Caritas Mediencommuniqué, 02.12.2019