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Caritas: Entwicklungs­zusammenarbeit muss vor allem Armut bekämpfen

Der Bundesrat hat seine Vorstellung formuliert, wie er die Entwicklungs­zusammenarbeit der Schweiz in den kommenden Jahren ausrichten will. Korrekturbedarf sieht Caritas Schweiz insbesondere bei den vorgesehenen Rahmenkrediten. Wenn die Internationale Zusammenarbeit der Schweiz ihre Ziele erreichen soll, seien dem Aussenminister bedeutend höhere finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.

Die Weltgemeinschaft ist weit davon entfernt, extreme Armut zu überwinden. Nach wie vor leben 750 Millionen Menschen weltweit mit weniger als 1,90 Dollar pro Tag. Während die Zahl der Betroffenen in Asien und Lateinamerika geringer wird, steigt sie in Afrika südlich der Sahara weiter an. «Die Aufmerksamkeit der breiten Bevölkerung für die Entwicklungs­zusammenarbeit ist schwächer geworden, vor allem bei der jungen Generation. Die Entwicklungspolitik braucht Debatte und Aufklärung. Nur so kann eine breite Abstützung in der Schweizer Bevölkerung erreicht werden. Caritas begrüsst deshalb, dass die Botschaft zur IZA erstmalig in die Vernehmlassung geschickt wurde», sagt Caritas-Direktor Hugo Fasel.

Caritas Schweiz erachtet die thematische Fokussierung als sinnvoll. Dennoch besteht aus Sicht der Caritas Präzisierungsbedarf. Wenn der Bundesrat mit der Entwicklungs­zusammenarbeit nachhaltiges Wirtschaftswachstum fördern und Arbeitsplätze schaffen will, dann muss dies unmissverständlich im Dienst der Bekämpfung von Armut stehen. DEZA und SECO müssen existenzsichernde und menschenwürdige Arbeitsplätze fördern. Eine einseitige Fokussierung auf den Privatsektor in der Schweiz ist aus Sicht der Caritas nicht verantwortbar. Entwicklungs­zusammenarbeit muss vor allem eines: die weltweite Armut wirksam bekämpfen. Caritas begrüsst die differenzierte Diskussion des Themas Migration im erläuternden Bericht. Im Besonderen begrüsst sie, dass bei der Verknüpfung von IZA und migrationspolitischen Interessen auf eine Konditionalität verzichtet wird. Es wäre falsch, über die IZA der Schweiz repressive Massnahmen zu unterstützen, welche Flucht und Migration kurzfristig unterdrücken, aber die zugrunde liegenden Probleme langfristig sogar verschärfen.

Klimakrise erfordert zusätzliche Gelder

Die Schweiz setzt sich zu Recht das Ziel, auch den Ärmsten der Welt Schutz vor den negativen Auswirkungen des Klimawandels zu bieten. Es sind die ärmsten Länder, die schon heute und in besonderem Masse vom Klimawandel betroffen sind. Für ihre Bevölkerung ist die Klimakrise eine existenzielle Bedrohung. Hitzeperioden und Dürren, Hochwasser, Hurrikane und Sturmfluten richten unermesslichen Schaden an und fordern Menschenleben. Die betroffene Bevölkerung braucht Unterstützung, um sich an die Veränderungen anzupassen und sich vor diesen Bedrohungen zu schützen. Die Industrieländer haben sich völkerrechtlich dazu verpflichtet, nebst den bestehenden Mitteln für die Entwicklungs­zusammenarbeit neue und zusätzliche Klimagelder bereitzustellen. Aus Sicht von Caritas ist es unhaltbar, dass die Schweiz – trotz ihrer grossen Mitverantwortung an der Erwärmung und trotz internationalen klimapolitischen Verpflichtungen – dafür immer noch keine Hand bieten will.

Finanzielle Mittel: Aufstockung nötig und möglich

Korrekturbedarf sieht Caritas Schweiz bei den vorgesehenen Rahmenkrediten für die Entwicklungs­zusammenarbeit. Um die ambitiösen Ziele zu erreichen und der Stellung der Schweiz in der Welt gerecht zu werden, sind bedeutend höhere finanzielle Mittel notwendig. Caritas geht davon aus, dass die Gelder für die Entwicklungs­zusammenarbeit verdoppelt werden müssen. Die Schweiz ist zudem gefordert, sich angemessen am zunehmenden globalen Mittelbedarf für humanitäre Hilfe zu beteiligen. Und letztlich darf sie sich für die versprochenen zusätzlichen Mittel für Klimaschutz und Klimaanpassungen nicht einfach aus dem Topf der Entwicklungshilfe bedienen. Zusammengerechnet ergibt dies, dass der gesamte Aufwand der Schweiz für Entwicklungs­zusammenarbeit und Klimaschutz in den armen Ländern auf rund 6,5 Milliarden zu erhöhen ist. Dies kommt einem Anstieg von 0,44 auf 1 Prozent des Bruttosozialprodukts gleich. So könnte die Schweiz zu Ländern wie Schweden, Norwegen und Luxemburg aufschliessen. Die Mittel für diese Aufstockung sind vorhanden. Dem Bund geht es finanziell hervorragend. Caritas macht sich stark dafür, dass die Schweiz anstatt bereits tiefe Schulden weiter abzubauen ihre Investitionen in eine friedliche und auch für unsere Kindern noch lebenswerte Welt erhöht.

Quelle: Caritas Mediencommuniqué, 24.06.2019