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Den Kirchen geht der Nachwuchs aus

Immer mehr Pfarrstellen können nicht besetzt werden. Gründe dafür sind die vielen Pensionierungen und zu wenig Nachwuchs. Dies setzt viele Kirchgemeinden unter Zugzwang.

2020 waren in der Deutschschweiz 70 Pfarrstellen vakant, 2021 waren es schon 86. Gleichzeitig arbeiten immer mehr Pfarrer auch nach der Pensionierung. So waren Ende 2020 noch 49 Pfarrpersonen über dem Pensionsalter in einem Arbeitsverhältnis, Ende 2021 waren es schon 86. Dies zeigt eine Auswertung der Nachwuchsförderung Theologie, die von den Theologischen Fakultäten und den kirchlichen Organen für Aus- und Weiterbildung getragen wird. Grund für diese Zunahme bei den vakanten Stellen sei, dass die geburtenstarken Jahrgänge, unter denen auch viele Pfarrerinnen und Pfarrer sind, jetzt ins Pensionsalter kommen, berichtet Thomas Schaufelberger, Leiter Aus- und Weiterbildung der Pfarrerinnen und Pfarrer. Gleichzeitig blieben die Studierendenzahlen stabil, könnten die vielen Vakanzen also nicht decken.

Image hat gelitten

Des Problems sei man sich schon lange bewusst. «Wir bemühen uns stark um den Nachwuchs, und die Kampagnen zeigen Wirkung.» Zufrieden sei man zum Beispiel mit dem Quereinsteiger-Studiengang, den jedes Jahr etwa zehn Personen abschliessen. Gleichzeitig habe das Image des Theologiestudiums und der Kirche aber stark gelitten. «Das kann man nicht einfach mit Kampagnen lösen.» Der Pfarrmangel habe aber auch positive Effekte, ist Thomas Schaufelberger überzeugt. «Einige Kirchgemeinden sind nun unter Zugzwang. Sie müssen die Rahmenbedingungen für Pfarrpersonen attraktiver machen.» So wirkten untaugliche Pfarrhäuser oder eine mangelnde Trennung von Berufs- und Privatleben abschreckend. Einige Berufseinsteiger würden deshalb den Job schnell wieder an den Nagel hängen. «Manche Kirchgemeinden suchen Allrounderinnen, die einfach alles können und immer verfügbar sind. Dies entspricht nicht mehr der heutigen Zeit.»

«Wir müssen kreativ werden»

Langfristig müssten die Landeskirchen aber auch Strategien erarbeiten, wie sie mit den vielen Vakanzen umgehen wollen, fordert Thomas Schaufelberger. In einem Forum von Kirchenleitenden bespreche man Lösungsansätze. «Man könnte die Anforderungen an die Ausbildung herabsetzen. Das fände ich aber bedenklich.» Oder man könnte pro Kirchgemeinden nur noch eine Pfarrperson engagieren und dafür vermehrt Sozialarbeiter oder Katecheten einstellen. Eine weitere Lösung wäre das «katholische Modell», wo eine Pfarrperson für mehrere Kirchgemeinden verantwortlich wäre. «Wir müssen kreativ werden», sagt Schaufelberger, «denn unsere bisherigen Bemühungen genügen einfach noch nicht.»

Quelle: www.ref.ch, 17. Mai 2022