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Gesamtkirchgemeinde Thun investiert gut 2 Millionen Franken in Wohnhaus

Der Grosse Kirchenrat von Thun spricht einen Kredit in Höhe von 2,15 Millionen Franken zur Sanierung eines Mehrfamilienhauses am Obermattweg im Gwatt.

Die reformierte Gesamtkirchgemeinde Thun besitzt ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen am Obermattweg 3A im Gwatt. 1968 erbaut, ist dieses nun grundlegend sanierungsbedürftig. Dafür beantragte der Kleine Kirchenrat dem Kirchenparlament, das am Montag, 31. Mai, in der Stadtkirche tagte, einen Kredit in Höhe von 2,15 Millionen Franken. «Wir wollen künftig eine angemessene Rendite erwirtschaften», erklärte der fürs Bauwesen zuständige Kirchenrat Peter Greuter. Er sprach von einer Rendite von gut 3 Prozent oder 50’000 bis 60’000 Franken, die neu jährlich zu erwarten seien als Einnahmen für die Kirchenkasse. Ausgeführt werden soll die Sanierung, bei der auch eine energiesparende Heizung installiert wird, innert vier Monaten ab Frühjahr 2022. Dann müsse das Wohnhaus geräumt sein, sagte Greuter. Darüber seien die Mieter im August 2020 orientiert worden, und etliche hätten den Wunsch zur Rückkehr geäussert angesichts der «moderaten Mietzinserhöhung». Greuter sprach von neu etwa 1500 statt bisher 1000 Franken für eine Viereinhalbzimmer-Wohnung am Obermattweg 3A.

Kritik an Renditedenken

«Mit Liegenschaften lässt sich kein Kirchenleben finanzieren», betonte David Pfister in der Diskussion und brachte Vorbehalte an den Renditeberechnungen an. Ob die Kirche eine Immobilienfirma sei, fragte sich Martin Schwärzel aus Strättligen. Ihn störte, dass zwar in die Sanierung einer Wohnliegenschaft investiert werde, jedoch partout nicht in den Unterhalt der Johanneskirche. Das rief Widerspruch hervor bei Vertretern aus der Stadt. Peter Kratzer und Heinz Leuenberger sprachen sich klar gegen den allfälligen Verkauf und für die Sanierung aus. Das Projekt und der Kredit dafür wurden letztlich klar mit 22 Ja zu zwei Nein bei vier Enthaltungen bewilligt.

Neubauprojekt harzt

An der Jungfraustrasse 19 in Thun plant die Gesamtkirchgemeinde dafür einen Neubau. Wie Peter Greuter informierte, musste das Projekt zweimal überarbeitet werden, bevor es von der Stadt die Bewilligung erhielt. Dagegen wurden jedoch Beschwerden beim Kanton erhoben, wie der Bauverantwortliche ausführte, der sich «gar nicht zufrieden» mit dem Projektverlauf zeigte. So wurden nach Angaben Greuters bisher schon 64’000 Franken oder 1,5 Prozent der voraussichtlichen 4 Millionen investiert, ohne richtig voranzukommen.

Die Rechnung 2020 der Gesamtkirchgemeinde Thun weist bei einem Aufwand von fast 9 Millionen ein Defizit von 297’298 Franken aus. Budgetiert war ein Überschuss von 38’000 Franken, was einer Schlechterstellung um 335’298 Franken entspricht. Kirchenrat Max Ramseier als Finanzverantwortlicher bezeichnete das als «moderaten Verlust» und sprach von einem «noch akzeptablen» Rechnungsabschluss. Dies dank wider Erwarten höherer Steuererträge und eines Buchgewinns, der in die Spezialfinanzierung einfliesst. Daran störte sich Elisabeth Bregulla, die eine finanzielle Ungleichbehandlung Stadt/Strättligen monierte.

Finanzstrategie kommt

Die Finanzen und die Strategie dazu wurden auch in zwei Vorstössen thematisiert. Derjenige von Heinz Leuenberger verlangte neben der Beibehaltung der freien Quote im Budget 2022, dass sich die Kirchgemeinden dabei verpflichten, «umsetzbare Einsparungen aufzugleisen». Er sei «der festen Überzeugung, dass beides nötig ist», begründete der vormalige Pfarrer und Thuner Gemeinderat seinen Vorstoss. Der Kleine Kirchenrat zeigte sich bereit, diesen anzunehmen, ebenso ein ähnliches Begehren der Fraktion Strättligen. Wie Max Ramseier betonte, gebe nur die freie Quote «Spielraum», um den Haushalt im Gleichgewicht zu halten. Der abtretende Finanzchef erklärte, dass die beauftragte Revisionsstelle bis im August Eckpunkte für eine neue Finanzstrategie ausarbeiten werde. Darüber diskutieren soll danach ein gemeinsames Gremium, das aber nicht zu gross werden dürfe, so Ramseier. Die beiden Vorstösse wurden in der Folge grossmehrheitlich überwiesen.

Kirchenrat Max Ramseier tritt Ende Jahr ab


Nach 25 Jahren im Amt sei es für ihn nun Zeit zum Gehen: Mit diesen Worten kündigte die Präsidentin des Grossen Kirchenrates, Christina Jaccard, den Rücktritt von Max Ramseier aus dem Kleinen Kirchenrat auf Ende 2021 an. Der Finanzverantwortliche präsentierte also letztmals den Rechnungsabschluss. Das Prozedere für die Nachfolgeregelung ist wie folgt: Offizielle Ausschreibung am 6. September, Einreichung der Wahlvorschläge bis 28. Oktober. Nach einer Präsentation Mitte November wählt das Kirchenparlament am 29. desselben Monats dann das neue Mitglied der Exekutive der Gesamtkirchgemeinde Thun. In dieser sind erneut Bemühungen im Gang für eine Reform der Strukturen, die nicht mehr zeitgemäss, sondern wie ein «Dinosaurier im Digitalzeitalter» seien. Dazu nahm der Kleine Kirchenrat nur indirekt Stellung an der Parlamentssitzung. Für eine Reform sei «aber auch der Wille der angehörenden Kirchgemeinden notwendig», hielt der Rat schriftlich mit Verweis auf die «Seeparkgespräche» fest, die daran gescheitert seien. Eine Gruppe von Mitgliedern des Grossen Kirchenrats reichte nun aber frisch einen Vorstoss ein mit dem Ziel, ein Konzept zu erarbeiten für die Bildung nur noch einer Kirchgemeinde über ganz Thun. Ratspräsidentin Christina Jaccard kritisierte, assistiert von weiteren Votanten, ferner den Umgangston, der gegen die Kirchenleitung in Mails und Briefen angeschlagen werde. Hannes Zumkehr fühlte sich davon angesprochen und reichte an der Sitzung seinen Rücktritt aus dem Kirchenparlament ein. Dabei sprach er vom «Talackergraben», der sich in der Reformierten Kirche Thun auftue.

Quelle: Thuner Tagblatt, 02.06.2021, Marc Imboden