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Mit Karte und Kompass zurück nach Thun

Acht Thuner Jugendliche nahmen am Projekt «Heiwäg Thun» der Jugendarbeit der reformierten Kirche und der Stadt Thun teil. Sie suchten von einem unbekannten Ort ihren Heimweg nach Thun.

Die Sonne scheint. Acht Jugendliche und zwei Erwachsene sitzen unter einem Baum in Steffisburg und schlemmen ein Eis. Sie sind gerade 26 Kilometer vom Schallenberg nach Steffisburg gewandert. Aber das bemerkt man nur, wenn man den grossen Hund anschaut. Er liegt flach auf dem Boden und streckt seine Beine aus. Bei den Jugendlichen ist von Erschöpfung keine Spur, sie reden gerade entspannt über das Budget. Jede Person hatte am Anfang 25 Franken zur Verfügung. Offenbar hatten sie es zusammengelegt, denn aus ihren Überlegungen geht hervor, dass nach der Glace nun immer noch 78 Franken übrig blieben.

Die acht Jugendlichen sind Teilnehmer des Projekts «Heiwäg Thun», das die offene Jugendarbeit der reformierten Gesamtkirchgemeinde Thun gemeinsam mit der Mädchenarbeit der Stadt Thun erstmals in der Region Thun organisierte. Die Teilnehmenden stehen vor der Aufgabe, drei Tage von einem unbekannten, 50 Kilometer entfernten Ort den Heimweg nach Thun zu finden. Sie sind als Gruppe unterwegs und ohne Mobiltelefon. «Ich habe das Projekt bereits an einem anderen Ort einmal durchgeführt. Die Kinder können sich in selbstbestimmtem Handeln üben und lernen, in der Gruppe gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Zudem ist es ein Naturerlebnis», sagt Rhea Dietrich von der Jugendarbeit zum Projekt. Sie begleitete die Gruppe gemeinsam mit Sebastian Born von der Jugendarbeit von Hasle bis Thun. Den Weg suchten sich die Jungen jedoch selber mit einer Karte und sorgten auch für ihre Unterkunft.

50 Kilometer von Thun entfernt ausgesetzt

«Wir wurden mit einer Augenbinde ausgesetzt. Wir haben dann bei einem Haus geklingelt und das Projekt vorgestellt. Die Frau, die uns die Tür öffnete, zeichnete unseren Aufenthaltsort auf der Karte ein», erzählt einer der Jungen. Er fügt an, dass es danach nicht schwer gewesen sei, da der Weg zumeist einen Fluss entlanggeführt habe. Am ersten Tag legte die Gruppe 24 Kilometer zurück. Die meisten Leute hätten sehr freundlich auf sie reagiert, fügen die Jungen an, und sie seien teils auch beeindruckt gewesen. Die Jugendlichen erzählen, dass sie bei Bauern haben übernachten können. Die erste Nacht verbrachten sie in Escholzmatt und schliefen auf Stroh. Danach wanderten sie auf den Schallenberg, wo sie in einem Alphüttchen übernachteten. Für den letzten Tag war die Strecke Schallenberg bis Thun geplant. Am Ende würden sie von Hasle bis zum Robinson-Spielplatz in Thun 62 Kilometer zurückgelegt haben.

Die jugendliche Gruppe wanderte ohne Mobiltelefone. «Wir hätten am Abend vielleicht weniger gespielt, hätten wir unsere Telefone dabeigehabt», erzählt einer der Jugendlichen. Gleichzeitig ist für die acht jungen Menschen das Handy aber ohnehin kein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens. Eines der Mädchen erklärt, sie brauche es vor allem zur Sicherheit; für den Fall, dass einmal etwas passieren würde. Die anderen stimmen zu und fügen hinzu, dass es auch für die Gruppe gut sei, ohne Telefon unterwegs zu sein. Sie hätten sich immer gegenseitig ermuntert, vor allem als sie den Schallenberg hinaufgewandert seien. Die Ankunft auf dem Berg sei eindrücklich gewesen, beschreibt eines der Mädchen die Wanderung. Zum ersten Mal zusammengekommen waren die acht Jugendlichen am Infoabend. Die meisten kennen sich jedoch von der Schule. «Wir haben mitgemacht, weil wir zusammen etwas unternehmen wollten», erklärt einer der Jungen den Grund, warum er gleich zu Beginn der Sommerferien einen 50-Kilometer-Marsch antrat. Die meisten kommen nach den Ferien in die siebte Klasse. Die zwei Achtklässlerinnen, die mitmachten, kennen sich auch. «Der Infoabend ist obligatorisch, damit die Eltern involviert werden und beim Packen nichts zweimal mitgenommen wird», sagt Rhea Dietrich von der Jugendarbeit der reformierten Gesamtkirchgemeinde Thun zu diesem ersten Treffen vor der Wanderung.

Heugümper und Stromschnellen


Der Schallenberg brachte den jungen Wanderern ein spezielles Abenteuer. Sie fingen Heuschrecken und grillierten sie. Ein anderer Höhepunkt sei das Baden in der eiskalten Emme gewesen, so ein Junge. Er erzählt von flachen Stromschnellen, auf die man sich hinlegen kann. Doch bald drehen sich die Gedanken der Gruppe wieder um die nahende Ankunft in Thun und darum, wie sie auf direktem Weg zum Robinson-Spielplatz gelangen können. Dort wollten sie gemeinsam mit den Eltern grillieren. Kurz kommt die Idee auf, dass sie mit dem übrigen Geld eigentlich von Thun ins Neufeld ein Taxi nehmen könnten. Aber diese Idee wird verworfen. Die Jungen wollen bis zum Schluss laufen, denn das hatten sie sich so vorgenommen.

Quelle: Thuner Tagblatt, 12. Juli 2019, Angela Krenger