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Reformierter Pfarrer wegen Lehrmitteln in der Kritik

Aufklärungsbücher der christlich-konservativen Stiftung Zukunft CH sorgten schweizweit für Schlagzeilen. Präsident der Stiftung ist ein reformierter Pfarrer aus dem Kanton Aargau. Der Kirchenratspräsident fordert die Einhaltung des Diskriminierungsverbots.

«Selbstbefriedigung kann in Abhängigkeit führen» oder «Sex haben ist nicht für Teenager, sondern gehört ins Reich der Erwachsenen»: Solche Sätze aus einem Lehrmittel zur Sexualkunde von 10- bis 13jährigen sorgen bei Fachleuten derzeit für Kopfschütteln. Die christlich-konservative Stiftung Zukunft CH hat die Bücher Wir Powergirls (für Mädchen) und Rakete startklar (für Buben) mit 4000 Briefen an Deutschschweizer Schulen beworben. Gemäss der Stiftung sollen bereits 300 Schulen die Lehrmittel bestellt haben, berichtet der Tages-Anzeiger am 29. Oktober. Die Stiftung Zukunft CH macht seit Jahren im Rahmen der Demonstration «Marsch fürs Läbe» gegen Schwangerschaftsabbrüche mobil. Auch bekämpft sie die Homo-Ehe und warnt vor einer vermeintlichen Islamisierung der Schweiz. Gegen die Schulbücher wehrt sich der nationale Dachverband Sexuelle Gesundheit Schweiz. In einem Brief an die Zürcher Bildungsdirektorin Silvia Steiner schreibt er, das Lehrmittel widerspreche einer menschenrechtsbasierten Sexualaufklärung und decke wichtige Themen nicht ab. Auch sei es lustfeindlich und propagiere einseitig die Ehe von Mann und Frau, kritisiert die Fachstelle.

Pfarrer dürfen sich politisch äussern

Die umstrittene Stiftung wurde von dem reformierten Pfarrer Hansjürg
Stückelberger gegründet. Der 87jährige legte sein Amt unlängst in jüngere Hände: in die des 32jährigen Aargauer Pfarrers Michael Freiburghaus. Auch er ist ein Reformierter und steht nun in der Kritik. Dabei stellt sich die Frage, inwiefern gewählte Pfarrer politisch aktiv werden dürfen. In der Aargauer Landeskirche ist es Pfarrern erlaubt, sich ausserkirchlich politisch zu betätigen, sagt Kirchenratspräsident Christoph Weber-Berg. Es gebe aber Grenzen: «Rechtlich sind Pfarrerinnen auch in ihrer Lebensführung und bei politischen Aktivitäten an ihren landeskirchlichen Auftrag gebunden.» So müssten sich Pfarrer zwingend an das Diskriminierungsverbot halten: «Wenn ein Pfarrer im Rahmen einer öffentlichen oder politischen Tätigkeit Menschen zum Beispiel aufgrund ihrer sexuellen Orientierung abwertet, dann muss die Landeskirche handeln», sagt Weber-Berg.

Gespräch suchen

Von einem Konflikt mit seinem Auftrag als Pfarrer will Stiftungspräsident Michael Freiburghaus nichts wissen. Für den Pfarrer der Kirchgemeinde Leutwil-Dürrenäsch, der als Autor von Büchern wie Die Sünde der Bibelkritik hervorgetreten ist, sind die Vorwürfe haltlos. «Als Stiftung setzen wir uns gegen jegliche Diskriminierung ein», sagt er auf Anfrage von bref. Inwiefern sein Engagement in der Stiftung für Freiburghaus als Pfarrer der Landeskirche Konsequenzen haben wird, ist derzeit noch unklar. Kirchenratspräsident Weber-Berg will die Vorwürfe gegen die Stiftung nicht kommentieren. Bei Handlungsbedarf wolle man zuerst das Gespräch mit Freiburghaus suchen.

Quelle: www.ref.ch, 2. November 2018, Heimito Nollé