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Thuner Kirchgemeinden: Auch Strättligen schwenkt auf Fusionsweg ein

Fünf Thuner Kirchgemeinden begeben sich auf den Fusionsweg: Als letzte steigt auch Strättligen in den Prozess ein – aber nicht diskussionslos.

«Wir müssen nach vorn schauen statt zurück»: Diesen Appell richtete Sonderverwalter Christoph Lerch an die Kirchgemeindeversammlung Strättligen. Zu dieser fanden sich am Mittwochabend 93 von total 8743 Mitgliedern dieser Kirchgemeinde im grossen Saal der Johanneskirche ein. Zu entscheiden galt es, ob die grösste der fünf Thuner Kirchgemeinden ebenfalls auf den Weg zur Bildung einer neuen Einheitsgemeinde einschwenkt. Thun-Stadt, Goldiwil-Schwendibach, Lerchenfeld und auch die Paroisse française sagten dazu schon Ja. Es gehe vorerst darum, den Prozess und die Diskussion hinsichtlich einer Fusion zu starten, erklärte Thomas Straubhaar. Er ist jetzt Vizepräsident des Kleinen Kirchenrats und gab einst mit weiteren Mitgliedern im Kirchenparlament den Anstoss zum Vereinigungsprozess. Dieser ist nicht umsonst zu haben. Wie Straubhaar ausführte, braucht es vielmehr «einen mittleren sechsstelligen Betrag» für die Neuorganisation der Reformierten Kirchen in Thun. Das stiess auf Unverständnis bei einer Votantin. «Um die Zukunft zu gestalten, muss auch etwas investiert werden», entgegnete Thomas Straubhaar, den Stefan Junger unterstützte, indem er von der Anschaffung eines «neuen Gewands» sprach.

«Sehe schwarz für Strättligen»

Eingangs der Diskussion meldeten sich jedoch diverse Kritiker zu Wort. «Ich sehe schwarz für Strättligen», prophezeite einer von ihnen mit Blick auf das «zerrüttete Verhältnis» dieser Thuner Kirchgemeinde zur Gesamtkirchgemeinde als Kassenwartin. Es wäre daher besser, den einzelnen Kirchgemeinden «ein Globalbudget zu geben», über das sie selbst verfügen könnten, statt eine neue Einheitsstruktur zu schaffen. Das machte Heiner Bregulla, Präsident des Vereins Pro Kirchen Strättligen, klar unter Verweis auf die «schlechten Erfahrungen mit dem Zentralismus». «Das heutige System ist gar nicht schlecht», meinte David Pfister, der einer der schärfsten Kritiker der heutigen Kirchenführung ist. Diese sei «zu weit von der Basis entfernt», betonte Pfister, der sich dagegen wandte, ein neues «Grosskonstrukt» zu bilden. Stattdessen sollten kleinere Einheiten geschaffen und von der Basis her personelle Erneuerung eingeleitet werden. Als Pfister seine Vorstellungen dafür mit Folien von 2018 detailliert erläutern wollte, machte sich ein Zwischenrufer bemerkbar und verlangte die Rückkehr zur eigentlichen Kernfrage.

«Keine andere Wahl»

«Wir haben keine andere Wahl»: So warb Alfred Müller für Zustimmung zum Reformprozess, denn «jede neue Lösung ist besser als die alte», betonte der Kirchenparlamentarier. «Wenn wir ablehnen, bleiben wir stehen», erklärte Max Ramseier, der sich als früherer Kassenwart im Kleinen Kirchenrat und heute im Verein Reformierte Thun engagiert. «Wir verbauen uns nichts mit einem Ja», machte ein Votant weiter klar. Nachdem die verlangte geheime Abstimmung deutlich verworfen war, schritt Versammlungsleiter Christoph Lerch zur Entscheidfindung. Mit 74 Ja gegen 6 Nein bei 9 Enthaltungen entschlossen sich die Strättligerinnen und Strättliger als letzte der fünf Kirchgemeinden für das Mitmachen im Vereinigungsprozess. Dafür soll nach den gefällten Grundsatzentscheiden das Kirchenparlament bis zum Sommer das nötige Geld sprechen sowie den Steuerungsausschuss und eine Projektleitung einsetzen.

Wird das Pfarrhaus Johannes bald genutzt?

«Die Strukturen sind den Leuten wurscht», erklärte Piero Catani an der Kirchenversammlung Strättligen. Was zähle, sei vielmehr das Angebot in den Kirchen, meinte der Vertreter aus Allmendingen. «Ich gehe da in die Kirche, wo mich das Angebot anspricht», erklärte auch André M. Stephany. Und es sei besser, «in Leute statt Gebäude zu investieren», war zudem zu hören an der Versammlung, an der aber doch noch die Immobilienfrage zur Sprache kam. Konkret ging es um die Nutzung des leer stehenden Pfarrhauses bei der Johanneskirche zur Unterbringung von Flüchtlingen. Dafür setzt sich eine Votantin ein. Das wäre «ein Schritt zur Versöhnung», meinte sie, und rasch machbar bei gutem Willen. «Ich bin da dran», erklärte Christoph Lerch, der als Sonderverwalter für Strättligen derzeit auch in der Baukommission sitzt. «Ich kann jedoch nicht zaubern», betonte er zum Weg durch die Instanzen, auf den man ihn verwiesen habe. Demnach soll der Kreditantrag für ein Vorprojekt ins Budget für 2024 aufgenommen werden. Das stellte Christoph Lerch so in Aussicht. Der Sonderverwalter sprach einleitend «von einem anspruchsvollen Amt», bei dem er ansonsten auf sehr viel Goodwill stosse, sagte der gebürtige Thuner Lerch.

Quelle: www.thunertagblatt.ch, Andreas Tschopp, 23.03.2023