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Zivil trauen geht, aber mehr liegt nicht drin

Kirchliche Feiern wie Taufen, Konfirmationen und Trauungen werden wegen der Corona-Krise verschoben. Auch die Schalter der Zivilstandsämter sind geschlossen. Mit Ausnahmen allerdings.

Am 17. März gaben sich Sarah und Tobias in Thun das Jawort. Lediglich im Beisein der Trauzeugen. In einem fast leeren Zivilstandsamt. Und das alles dazu noch sehr spontan: «Wir hatten nicht damit gerechnet, dass wir uns an diesem Datum doch noch trauen lassen können, und hatten allen Gästen inklusive Trauzeugen abgesagt», sagt die Thunerin, die nicht mit vollem Namen erwähnt werden möchte. Schliesslich habe man mitbekommen, dass auch die Schalter der Zivilstandsämter geschlossen seien, und dort sogar noch telefonisch nachgefragt. «Doch dann schrieb uns die zuständige Zivilstandsbeamtin an jenem Tag eine Mail, dass sie die Trauung durchführen könne, wenn wir dazu bereit wären.» Gesagt, getan: Sarah und Tobias griffen zum Telefonhörer und sprachen mit ihren Trauzeugen. Diese zeigten sich sehr flexibel. Und am Abend waren die beiden 29-Jährigen ein Ehepaar.

Zivilstandsämter sagten 800 Termine ab

Doch das ist alles andere als selbstverständlich. Viele Termine auf den Zivilstandsämtern wurden in den vergangenen Wochen abgesagt oder verschoben. «Im Kanton Bern wurden bis Ende März 800 Trauungen, Kindesanerkennungen oder Namenserklärungen abgesagt», erklärt Hannes Schade vom Amt für Bevölkerungsschutz gegenüber dieser Zeitung. «Allein im Zivilstandsamt Oberland-West in Thun dürften es schätzungsweise rund 120 Termine gewesen sein.» Die bernischen Zivilstandsämter haben primär einen Grundbetrieb für die Beurkundung von Geburten und Todesfällen organisiert. «Nach der Umsetzung von Schutzmassnahmen und der teilweisen Organisation von grösseren Räumlichkeiten waren etwa die Durchführung von Trauungen und Kindesanerkennungen nach einem kleinen Unterbruch wieder gewährleistet», sagt Schade. Gewisse Einschränkungen seien aber weiterhin vorhanden: So seien bei Trauungen die rechtlich vorgeschriebenen Trauzeugen, jedoch keine zusätzlichen Gäste möglich. Dies, damit die BAG-Empfehlung von fünf Personen eingehalten werden kann. Nicht möglich seien hingegen Trauungen in externen exklusiven Lokalen.

Corona macht Abdankungen nicht einfacher

Im Gegensatz zu Hochzeiten oder Konfirmationen (siehe Haupttext) lassen sich Beerdigungen nicht verschieben. Die strikten Vorgaben des Bundes, welche noch bis vor kurzem galten, machen diese für die Betroffenen zu einer noch schwereren Aufgabe, als sie es sonst schon sind: Eine eigentliche Abdankungsfeier gab es nicht. Die zehn bis maximal zwanzig Personen, die daran teilnehmen durften, konnten sich nur am Grab verabschieden. Ein Thuner Pfarrer, der nicht mit Namen genannt werden will, erzählt von einer der letzten Abdankungen, die in der Schorenkapelle noch möglich waren: «Ich erlebte die Trauerfamilie als dankbar, dass die Abdankung überhaupt stattfinden konnte», sagt er. Allerdings habe auch ein grosses Bedauern mitgeschwungen, dass sämtliche Grosskinder nicht teilnehmen konnten. «Gleichzeitig habe ich so etwas wie eine doppelte Trauer wahrgenommen», erzählt er weiter. «Es lastete nicht nur der Abschied vom Verstorbenen, sondern auch die Angst vor Corona und der Kummer, sich nicht in die Arme nehmen zu dürfen, spürbar auf den Angehörigen. Es war deshalb für mich fast eine zweifache Trauerfeier.» Gleichzeitig habe er auch Erleichterung gespürt: «Die Angehörigen durften den Verstorbenen noch bis zum letzten Atemzug begleiten», sagt er. «Ihnen war klar, dass dies schon eine Woche später nicht mehr erlaubt gewesen wäre.»

Auch Claudio Jegher vom Pfarramt Interlaken-Matten macht sich seine Gedanken zum Thema. «Wenn jemand stirbt, der noch mitten im Leben steht, dann ist es enorm schwierig, eine Grenze bei den Trauergästen zu ziehen», sagt er. Auch die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt eine Gedenkfeier für den Verstorbenen durchzuführen, sei nicht optimal: «Es ist für die Angehörigen besonders schwer, dann, wenn man die Trauer und den Abschied ein Stück weit verarbeitet hat, diese Gefühle nochmals hochkommen zu lassen», sagt er. Und noch etwas stellt Jegher fest: «In der Region Interlaken gibt es derzeit weniger Beerdigungen als sonst. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Leute, egal, welchen Alters, mehr zu Hause bleiben und auch sonst vorsichtiger geworden sind.»

Konfirmationen werden zu «einem anderen Fest»

Besonders betroffen vom Lockdown sind auch die kirchlichen Anlässe. So hätten sich Sarah und Tobias Ende März zusätzlich in der Stadtkirche trauen lassen wollen und mussten das Fest nun auf den Oktober verschieben. Verschoben werden derzeit auch Taufen und insbesondere Konfirmationen, die vor allem im laufenden Monat geplant gewesen wären. Die Zuständigen taten sich mit dem Entscheid schwer, weil lange nicht feststand, wie lange der Shutdown anhält. In Spiez überlegte man sich gar eine Zeit lang, die Konfirmation lediglich mit den Konfirmanden und den Eltern durchzuführen, um die Abstandsregeln in der Kirche zu gewährleisten. Doch mittlerweile ist klar: Die Anlässe finden im August statt, wie Kirchgemeindeverwalter Ramon Kunz auf Anfrage erklärt. Bei der reformierten Kirchgemeinde Thun-Stadt hat man sich für ersteres Vorgehen entschieden: Die eigentlichen Konfirmationen finden wie geplant im Mai in Kleingruppen mit drei Angehörigen sowie der Pfarrperson oder einer Katechetin statt. Nach der Aufhebung der Versammlungsbeschränkung allerdings soll die Feier für die Konfirmierten und ihre Familien nachgeholt werden. Die Verantwortlichen hoffen, dass dies im Herbst der Fall ist, wie sie in einer Medienmitteilung schreiben. Daten sind aber noch keine fixiert. Die Kirchgemeinde Thun-Strättligen hingegen hat entschieden, die Konfirmationen ganz zu verschieben. Auch da wartet man mit der Kommunikation der Daten bis zur Wiedereröffnung der Schulen am 11. Mai zu. «Wir wollen damit verhindern, dass der Konfirmationstermin dann nochmals geschoben werden muss», sagt Co-Kirchgemeinderatspräsidentin Eliane Diethelm. Und ergänzt dann: «Wie auch immer: Eine Konfirmation im August oder in einem Jahr wird eine ganz andere Feier, als wenn sie jetzt zum Schulschluss stattfinden würde.»

Glück im Unglück

Dass sie Glück mit ihrer zivilen Trauung hatte, dessen ist sich auch Sarah bewusst. «Ich bin sehr dankbar», sagt sie rückblickend. Und sie ist nun froh, dass ein Grossteil ihrer vierzig Gäste auch am Ersatzdatum dabei sein kann. «So gesehen ist das Ganze für uns glimpflich ausgegangen», sagt sie und lacht: «Das Schlimmste, was passieren könnte, ist, dass ich wegen Corona nicht mehr ins Hochzeitskleid passe…»

Quelle: Thuner Tagblatt, 06.05.2020, Barbara Schluchter-Donski