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Basel-Stadt: «Von einer Corona-Hysterie ist nichts zu spüren»

Die christkatholische Predigerkirche in Basel-Stadt dient seit einigen Tagen als Notfallaufnahme für Corona-Verdachtsfälle. Im Interview erzählt Pfarrer Michael Bangert, wie es dazu gekommen ist und warum die Menschen in der Kirchgemeinde angesichts der Epidemie trotzdem Ruhe bewahren.

Herr Bangert, bis vor Kurzem fanden in der Predigerkirche Gottesdienste statt, nun testet das Universitätsspital Basel dort Menschen auf Corona. Wie muss man sich die Situation in der Kirche vorstellen?
Die Teststation des Universitätsspitals hat vor wenigen Tagen den Betrieb aufgenommen. Dazu musste der Kirchenraum vollständig ausgeräumt werden. Glücklicherweise haben wir Stühle und keine Bänke in der Kirche, sodass dies relativ leicht ging. Auch alle religiösen Gegenstände haben wir in die Chorkirche verbracht. Anschliessend wurde der Boden abgeklebt und Schutzwände errichtet. Die Anlage enthält einen Wartebereich und mehrere Stationen, an denen Abstriche genommen werden. Aus verschiedenen Gründen ist unsere Kirche geradezu ideal als Empfangsstation.

Warum?
Zum einen liegt die Predigerkirche unmittelbar neben dem Universitätsspital. Schon dadurch lag es nahe, unseren Raum zur Verfügung zu stellen. Ausserdem bietet die Kirche eine Fläche von rund 500 bis 600 Quadratmetern. Eine Rolle spielte schliesslich, dass die Luftfeuchtigkeit aufgrund der Bodenheizung aussergewöhnlich gering ist. Das ist schlecht für die Orgeln, aber gut für die Eindämmung des Virus, das ja vor allem durch Tröpfcheninfektion übertragen wird.

War es die Idee der Kirchgemeinde, dem Universitätsspital ein Gebäude zur Verfügung zu stellen?
Ja, wir wollten einen Beitrag zum Wohl der Stadtgesellschaft leisten. Konkret in diesem Fall: einen Beitrag zur Entlastung des Spitals. In der Kirchgemeinde haben wir uns schon lange überlegt, was wir für die Stadt tun können. Ursprünglich dachten wir allerdings eher an Szenarien wie einen Atom-Gau oder einen Chemieunfall.

Wer wird in der Station behandelt?
Vor allem Menschen, bei denen ein begründeter Verdacht besteht, dass sie sich mit dem Virus infiziert haben. Diese Leute werden vom Universitätsspital, aber auch von anderen Kliniken und Hausärzten überwiesen. Andere kommen von sich aus, um sicher zu stellen, dass sie nicht krank sind. In der Kirche werden Nasen-Rachen-Abstriche und Blutentnahmen gemacht. Je nach Schweregrad werden die positiv Getesteten nach Hause in die Quarantäne geschickt oder hospitalisiert.

Corona sorgt in der Bevölkerung für eine grosse Verunsicherung. Wie nehmen Sie die Stimmung vor Ort wahr?
Aus Präventionsgründen haben wir als kirchliche Mitarbeitende natürlich keinen Kontakt zu den Patienten. In der Kirchgemeinde nehme ich aber sehr wohl wahr, dass Corona ein Thema ist. Wir haben viele Anrufe von Gemeindemitgliedern, die das Gespräch suchen, weil sie sich Sorgen machen. Zum Beispiel wollen sie wissen, wohin sie noch gehen dürfen. Die älteren Mitglieder sind sich bewusst, dass das Virus eine Bedrohung für sie ist. Von einer Corona-Hysterie ist aber nichts zu spüren. Es geht ja um verantwortliches Handeln und um Augenmass.

Müssen die Mitglieder der Kirchgemeinde nun eine Zeit lang auf den Gottesdienst verzichten?

Nein, unsere Gottesdienste sind vorläufig in unser Gemeindehaus verlegt worden. Für die Zeit danach hat uns die reformierte Petersgemeinde angeboten, ihre Kirche mit zu nutzen. Die Gottesdienste sind übrigens nach wie vor gut besucht. Auch das zeigt, dass man die Situation besonnen und gelassen annimmt.

Quelle: www.ref.ch, 11. März 2020, Heimito Nollé