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Basler Pfarrer wegen vermeintlichem Mordaufruf in der Kritik

In einem Facebook-Post bezeichnet der reformierte Basler Pfarrer Martin Dürr den US-Präsidenten Donald Trump als «faschistischen Diktator» und stellt die rhetorische Frage nach einem Tyrannenmord. Das sorgt für Aufregung.

Seit Mitte März postet der reformierte Pfarrer Martin Dürr auf Facebook sogenannte «Nachtgedanken». Darin äussert sich der Theologe pointiert zur Corona-Krise, aber auch zu theologischen und politischen Fragen. So auch am 10. April, der Nacht auf Karfreitag. In einem Beitrag mit dem Titel «Nachtgedanken 22 – Was wäre meine letzte Rede?» schreibt Dürr über seine Begeisterung für den evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer und dessen Widerstand gegen das NS-Regime. Gleich darauf kommt Dürr auf Donald Trump zu sprechen. Wie könne es sein, dass Millionen von Evangelikalen in den USA «einen pathologischen Lügner und Narzissten wählten und ihn weiterhin anbeten, als wäre er Gott?».

Zeitung kritisiert «Mordaufruf»

Konkret wirft Dürr dem amerikanischen Präsidenten vor, mit seiner Corona-Politik Zehntausende und «vermutlich bald 100’000 Menschen» in den Tod zu treiben. Getrieben sei Trump von dem «perversen Wunsch, an der Macht zu bleiben und seiner unendlichen Gier». Er stellt die rhetorische Frage in den Raum: «Wann ist der Moment gekommen, einen faschistischen Diktator umzubringen?» Für diese Aussage erntet Dürr, der seit 2009 als Co-Leiter des Pfarramts für Industrie und Wirtschaft BS/BL amtet, heftige Kritik. In einem Artikel der «Basler Zeitung» vom 19. April wird ihm vorgeworfen, er rufe zum Mord am US-Präsidenten auf. Der Post lasse keinen Zweifel: Der Pfarrer wünsche «eindringlich», dass Donald Trump umgebracht werde. Ausserdem verharmlose Dürr den Holocaust: «Wer Trump mit Hitler vergleicht und die Millionen von Trump-Wählern den Nazis gleichstellt, der relativiert den Holocaust», heisst es in dem Artikel.

Gespaltene Community

Auch auf Facebook sorgt der Post für Aufregung und spaltet die Community. «Danke für diese Einsichten auf den Weltenlauf», kommentiert eine Nutzerin. Andere zeigen sich geschockt von Dürrs Beitrag, kritisieren ihn als «Hass-Post». Geteilt sind die Meinungen auch darüber, ob Dürr zum Mord aufruft. «Wo hat Martin Dürr dazu aufgerufen einen gewählten Präsidenten umzubringen? Er hat lediglich eine Frage gestellt», schreibt eine Nutzerin. Über 200 Kommentare verzeichnet der Beitrag bis Montagabend. Dürr selbst relativiert seine Aussagen am Ende seines Beitrags. «Natürlich zögere ich, zum Tyrannenmord aufzurufen», schreibt er. Denn eine solche Tat bringe schwere Schuld mit sich. Er fügt aber hinzu: «Die Frage ist, wann Nichtstun die grössere Schuld ist. Ich kann diese Frage nicht beantworten.» Für eine Stellungnahme gegenüber ref.ch war Martin Dürr nicht erreichbar.

Update 20. April: Martin Dürr hat sich inzwischen auf seinem Facebook-Profil zu seinem Beitrag vom 10. April geäussert. Er entschuldige sich bei allen, die sich durch seinen Post verletzt, angegriffen oder verunsichert gefühlt hätten. Weiter schreibt Dürr: «Nichts liegt mir ferner als zum Mord an einem Menschen aufzurufen. Es tut mir leid, dass dies so verstanden worden ist. Es war ein Fehler, eine so komplexe Frage in so verkürzter Weise wiederzugeben. Ich werde darum in Zukunft noch vorsichtiger überlegen, wie und ob ich Fragen, die mich selbst umtreiben, kommunizieren soll. Als Sofortmassnahme habe ich mir selbst ein Schreibverbot auferlegt.»

Quelle: www.ref.ch, 20. April 2020