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Berner Kirche gegen Sozialhilfe-Kürzung für vorläufig Aufgenommene

Kaum ein Jahr, nach dem die Berner Stimmbevölkerung eine Verschärfung des Sozialhilfegesetzes abgelehnt hat, bringt der Kanton einen Sparvorschlag für die Sozialhilfe im Asyl- und Flüchtlingsbereich. Auch diesmal sind die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn dagegen.

Die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) des Kantons Bern hat einen Vorschlag für eine neue Sozialhilfeverordnung im Asyl- und Flüchtlingsbereich gemacht. Unter anderem möchte sie vorläufig aufgenommenen Personen nach sieben Jahren Aufenthalt in der Schweiz statt wie bisher 977 Franken pro Monat nur noch 382 Franken zur Verfügung stellen. Der Synodalrat der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn (RefBeJuSo) lehnt diese Kürzung um über 60 Prozent ab, wie es in einer Medienmitteilung vom 21. Februar heisst. Diese Sparmassnahme sei unverantwortbar und kontraproduktiv.

«Kaum Chancen auf Integration in den Arbeitsmarkt»


Konkret kritisiert der Synodalrat, dass die Argumentation der GSI an der Lebensrealität der Betroffenen vorbeigehe. Die Behörde wolle ein Signal an die vorläufig Aufgenommenen senden, «dass von ihnen eine Integration und Ablösung aus der Sozialhilfe erwartet werde». Doch viele der betroffenen Personen seien traumatisiert oder hätten aus gesundheitlichen Gründen kaum Chancen auf eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt. «Wer es in den ersten sieben Jahren in der Schweiz nicht geschafft hat, wirtschaftlich selbständig zu werden, wird es in der Regel auch im achten nicht schaffen. Und dies nicht aus Faulheit oder fehlender Motivation, sondern weil die Voraussetzungen dafür nicht vorhanden sind», heisst es in der Mitteilung weiter.

Unter dem Sozialhilfe-Minimum

Weiter merkt der Synodalrat an, dass der neue Betrag von 382 Franken weit unter der Hälfte dessen liege, was die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe SKOS als Minimum für ein menschenwürdiges Leben in der Schweiz definiere. Ausserdem bezweifelt der Synodalrat, ob diese Kürzung auf Verordnungsebene, ohne Änderung des Sozialhilfegesetzes, rechtlich überhaupt zulässig sei. Aber auch aus demokratischer Sicht sei das Vorgehen problematisch. Denn vor einem Jahr hat die Berner Stimmbevölkerung eine Änderung des Sozialhilfegesetzes abgelehnt. Diese hätte eine Kürzung beim Grundbedarf zur Folge gehabt, auch für vorläufig Aufgenommene.
«Auf die Seite der Schwachen stellen»

Der Synodalrat der RefBeJuSo fordert deshalb, dass die Kürzung auf maximal 20 Prozent begrenzt wird oder dass zumindest Ausnahmen gemacht werden, wenn die Sozialhilfeabhängigkeit nicht klar selbst verschuldet ist. Weiter appellieren die Kirchen an den Gesamtregierungsrat, sich auf die Seite der Schwachen in der Gesellschaft zu stellen. Vorläufig Aufgenommene können aus rechtlichen Gründen nicht aus der Schweiz ausgeschafft werden, weil eine Ausschaffung entweder nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich ist. Verändern sich diese Umstände, müssen die betreffenden Personen die Schweiz wieder verlassen.

Quelle: www.ref.ch, 21. Februar 2020