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GKG Thun: «Ich will kein Verwalter hoch zwei sein»

Mit Alt-Gemeinderat Andreas Lüscher will ein Reformer neu die Führung der Thuner Gesamtkirchgemeinde übernehmen und diese zur Einheit führen.

«Ich war selber überrascht», sagt Andreas Lüscher darüber, neuer Präsident des Kleinen Kirchenrats (KKR) der Gesamtkirchgemeinde Thun (GKG) zu werden. Denn: «Ich habe das Amt nicht angestrebt», betont der heute 74-Jährige, der von 1999 bis 2010 für die SVP in Thuns Gemeinderat sass. Vielmehr sei die Idee im Verein Reformierte Thun aufgekommen, dass Lüscher für die Nachfolge von Willy Bühler kandidieren könnte, der Ende Mai seinen Rücktritt auf Ende 2022 angekündigt hatte. Der vor Jahresfrist gegründete Verein setzt sich für die Einheit der Thuner Reformierten ein und hat sich «bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger an der Spitze der Exekutive der GKG aktiv beteiligt», erklärt Lüscher.

Zwölf Jahre Verwalter

Andreas Lüscher hat eine Verwaltungslehre gemacht und arbeitete ab 1971 während 30 Jahren auf dem Regierungsstatthalteramt in Thun. 2001 übernahm er dann das Amt des Verwalters der Gesamtkirchgemeinde (GKG) Thun, das er bis zu seiner Pensionierung im Herbst 2013 ausübte. «Es war eine fantastische Aufgabe», hält Lüscher rückblickend fest. Er kennt also die GKG bereits von innen. Er habe daher zuerst das Gefühl gehabt, «noch zu nahe dran zu sein», meint der Kandidat. Nachdem aber über den Verein Reformierte Thun 69 Unterschriften für ihn gesammelt wurden, wie Lüscher betont, habe ihm diese Unterstützung dann die Zusage erleichtert. «Im Interesse der Sache macht das Sinn», begründet er seinen Entscheid zur Kandidatur für den Kleinen Kirchenrat. Die Wahl ist für die Sitzung des Kirchenparlaments am 9. Januar traktandiert. Andreas Lüscher soll dann auch gleich zum neuen KKR-Präsidenten gewählt werden.

«Gesamtkirche ist kein Überbau»

«Ich bin mir bewusst, dass einiges auf mich zukommt», sagt Lüscher zur neuen Aufgabe, die gleich zu Beginn aufwendig wird. Denn im kommenden Frühling haben die fünf Kirchgemeinden Goldiwil-Schwendibach, Lerchenfeld, Thun-Stadt, Thun-Strättligen und die Paroisse française de Thoune, die zusammen die GKG bilden, zu entscheiden, ob sie beim Einigungsprozess mitmachen. Dazu sei Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit zu leisten, meint der reformwillige Kandidat für das Führungsamt in der Gesamtkirchgemeinde. Diese sei «nicht der Überbau der Thuner Kirchen», sagt Andreas Lüscher, der «kein Verwalter hoch zwei sein», sondern strategisch führen will.

Ein «Übergangspräsident»

Er wolle «alles daransetzen, den eingeschlagenen Reformweg zum Ziel zu führen», betont der 74-Jährige, der sich für die neue Aufgabe «voll motiviert fühlt». Lüscher musste dazu den Kompass in seinem Leben neu ausrichten. Der designierte neue KKR-Präsident sieht sich als «Übergangslösung» und möchte in seiner vierjährigen Amtszeit «neue Leute aufbauen, die die Reformierte Kirche in Thun weiterentwickeln». Andreas Lüscher zeigt sich überzeugt, dass sich solche finden lassen. Denn trotz eines Aderlasses von rund 4000 Mitgliedern in den vergangenen zehn Jahren gehöre noch immer etwa die Hälfte der Thuner Bevölkerung zur reformierten Kirche, unterstreicht der künftige Kirchenratspräsident, der aus dem Vorstand des Vereins Reformierte Thun austreten wird.

100'000 Franken für Sonderverwaltung beantragt

«Für die Kosten der besonderen Verwaltung sei bis 31. Dezember 2023 ein Kostendach von 100’000 Franken zulasten der Kirchgemeinde Thun-Strättligen festzulegen»: Das beantragte am 21. Dezember 2022 die Thuner Regierungsstatthalterin Simone Tschopp dem Regierungsrat des Kantons Bern. Dieser wird nach Auskunft beim Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) am 11. Januar entscheiden, wer vorübergehend die Geschicke der Thuner Teilkirchgemeinde leiten wird, die seit dem Kollektivrücktritt im Herbst des Kirchgemeinderats nun ratlos dasteht. Die alten Räte gaben in der Altjahreswoche ihre Dokumente dem Statthalteramt ab. Bevor der Berner Regierungsrat den besonderen Verwalter offiziell ernennt, hat das Thuner Kirchenparlament (Grosser Kirchenrat) am nächsten Montag einen Nachkredit zu genehmigen für die Sonderverwaltung Strättligens über 100’000 Franken zum Budget 2023. Dieses wird erst jetzt dem Grossen Kirchenrat zur Verabschiedung vorgelegt, nachdem Ende November die Kirchgemeinde Strättligen vorab ausnahmsweise mehr eigene Mittel zugesprochen erhielt – dies trotz überaus kritischen Untertönen in der Debatte. Der Voranschlag der Gesamtkirchgemeinde fürs laufende Jahr sieht bei einem Aufwand von total 8,8 Millionen ein Defizit von 112’400 Franken vor. Der Personalaufwand macht fast 45 Prozent der Ausgaben aus. Investiert werden sollen 327’000 Franken – mit 160’000 Franken fast die Hälfte davon in eine neue Heizung für die Kirche Goldiwil. Auch in der Markus-Kirche in Strättligen soll die Heizung ersetzt werden im Umfang von 66’000 Franken.

Quelle: Thuner Tagblatt, 07.01.2023, Andreas Tschopp