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Islamisches Kulturzentrum Thun: Mehr als nur ein Ort zum Beten

Das Islamische Kulturzentrum in Thun ist ein Ort, der vielen Zwecken dient. So wird er nicht nur für traditionelle, sondern auch für soziale Angebote genutzt.

An der Rampenstrasse in Thun, fünf Minuten Fussmarsch vom Bahnhof entfernt, befinden sich die Lokalitäten des Islamischen Kulturzentrums in Thun. «Der Standort ist ein Vorteil», sagt Azir Aziri, Imam des Kulturzentrums, «da die Lokalitäten schnell und einfach zu erreichen sind.» Fünfmal täglich kommen zwischen zehn und zwanzig Gläubige zum Gebet, zweimal wöchentlich besuchen zudem Erwachsene den Koran-Kurs. Aber auch während der Woche kommen Mitglieder ins Kulturzentrum, für seelsorgerische Beratungen, Vermählungen, für Ratschläge im Umgang mit der Erziehung der Kinder oder um sich auszutauschen. Zu den zentralen Aktivitäten des Kulturzentrums gehört auch das Freitagsgebet, und am Abend unterweist der Imam seine Gemeinde in der islamischen Jurisprudenz. Diese beinhaltet etwa die Regeln des Gebets, des Fastens und andere Aspekte der gottesdienstlichen Handlungen.

Im Kontakt mit Kirchgemeinden

An den Wochenenden unterrichtet Aziri Jugendliche zwischen acht und siebzehn Jahren in Geschichten aus dem Koran und religiösen Praktiken. Seine Gattin, eine studierte Theologin, leitet monatlich eine Frauengruppe. Die Frauen diskutieren Themen wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, lernen aber auch den Koran zu lesen. «Die Ziele des Kulturzentrums sind, dass man den religiösen Verpflichtungen nachgehen, aber beispielsweise auch Themen rund um die Integration diskutieren kann», sagt der Imam aus Nordmazedonien. Es bestünden enge Kontakte zu städtischen Einrichtungen, wie zum Beispiel zum Kompetenzzentrum Integration Thun-Oberland oder zum Verein Asyl Berner Oberland. So hat die muslimische Gemeinde in Thun den Bewohnerinnen und Bewohnern von Asylunterkünften Kleider und Lebensmittel zur Verfügung gestellt. Auch zu den lokalen Kirchgemeinden wird der Kontakt gepflegt: Kindergruppen von örtlichen Moscheen und Kirchgemeinden würden sich gegenseitig besuchen und so mehr übereinander erfahren, sagt Aziri. Das Kulturzentrum finanziert sich mit Mitgliederbeiträgen der etwa 275 Mitglieder, den Einnahmen aus der hauseigenen Cafeteria und Spenden aus dem Inland. Während der Coronakrise gab es laut Aziri zwar einen Rückgang der Aktivitäten und Spenden, aber eine ernsthafte Krise habe es nicht gegeben.

Ein Teil der Gesellschaft

Vom Staat wünscht sich der Imam die öffentlichrechtliche Anerkennung seiner Religionsgemeinschaft. Durch die staatliche Anerkennung hätte der Verein mehr Einnahmen, da er Steuern erheben könnte. Und man könnte sich professionalisieren, ist der 38-Jährige überzeugt: «Wir wären wertvoller und nützlicher für die Gesellschaft.» Heute arbeiten alle Beteiligten des Vereins ehrenamtlich; nur der Imam wird bezahlt. Der dreifache Familienvater wünscht sich zudem einen Diskurs mit anderen Kirchen auf Augenhöhe – und weniger Scheu der nichtmuslimischen Bevölkerung bei Kontakten mit der Moschee. Aziri hat aber auch Wünsche an die Mitglieder des Kulturzentrums: Sie sollten aus seiner Sicht noch aktiver werden und die Projekte des Kulturzentrums vermehrt unterstützen. Die Mitglieder seien ein integraler Bestandteil der hiesigen Gesellschaft und sollten sich daher auch ehrenamtlich in Institutionen engagieren, die dem Gemeinwohl dienen, so der Imam.

Quelle: Ensemble 2020/53, Zeadin Mustafi