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Kirchliche Immobilien: Damit die Kirche im Dorf bleiben kann

Kirchliche Liegenschaften im Aargau sind fast eine Milliarde Franken wert. Um sie zu erhalten, wären jährlich rund 18 Millionen nötig.

Der Aufruf in der reformierten Mitarbeitenden-Zeitschrift «a+o» war auf den ersten Blick recht unspektakulär: «Um die Kirchenpflegen bei der Immobilienstrategie und bei der Bauplanung besser unterstützen zu können, beabsichtigt die Reformierte Landeskirche Aargau, ein Verzeichnis von Immobilien- und Baufachleuten zu erstellen.» Infos und Aufnahmeantrag ­seien bei David Lentzsch, Fachstelle Gemeindeentwicklung, erhältlich.

Es besteht Handlungsbedarf

Hinter der Aktion steckt allerdings eine Strategie des Kirchenrats, weil ökonomischer Handlungsbedarf besteht. Mit rund 330 Immobilien zählen die Landeskirche und ihre 75 Kirchgemeinden, nebst dem Staat und den Pensionskassen, zu den grössten Immobilienbesitzern im Kanton. Zum Portefeuille gehören 92 Kirchen, 66 Kirchgemeindehäuser, 24 Nebengebäude und rund 120 Pfarrhäuser und Pfarrwohnungen. «Es ist wie eine Milchbüchleinrechnung», sagt David Lentzsch: «Wir schätzen den Versicherungswert der kirchlichen Immobilien auf rund 900 Millionen Franken. Wenn man zwei Prozent davon als Aufwand für den Erhalt rechnet, sind das 18 Millionen pro Jahr.» Derzeit betragen die jährlichen Steuererträge aller Kirchgemeinden laut Lentzsch rund 90 Millio­nen Franken. «Davon gehen 10 Millionen an die Landeskirche. Den Unterhalt für die Immobilien abgerechnet, verbleiben also noch rund 60 Millionen Franken für Personalkosten und kirchliche Veranstaltungen. Der Spielraum wird immer kleiner: Je geringer die Steuereinnahmen sind, desto mehr muss beim Personal und beim kirchlichen Leben gespart werden.»

Drohendes Missverhältnis

Um ein Missverhältnis zu vermeiden zwischen Immobilienunterhalt und den Ressourcen für das kirchliche Leben, entwickelt der Kirchenrat eine Immobilienstrategie. «Unser Kirchenratspräsident Christoph Weber-Berg hat schon mehrfach betont, dass die Kirche ihre Ressourcen besser in Menschen investieren soll als in Gebäude.»

Gebäudezustand erheben

«Die Kirchgemeinden werden nicht alle Gebäude aus eigener Kraft erhalten können», befürchtet David Lentzsch. Betroffen seien vor allem kleine Gemeinden mit historischen Gebäuden. «Es darf doch nicht so weit kommen, dass wir um alte Kirchen einen Bretterverschlag bauen müssen, um wenigstens den Zerfall aufzuhalten. Der Kirchenrat sucht intensiv nach Möglichkeiten, die Kirchgemeinden in diesem Zusammenhang zu unterstützen und zu entlasten.»Eine Immobilienstrategie «über das Ganze» gibt es laut David Lentzsch noch nicht. «Das ist auch schwierig, weil die Situation von Gemeinde zu Gemeinde völlig unterschiedlich ist.» Ziel des jetzt initiierten Verzeichnisses sei es, die Gemeinden einerseits bei der Planung ihrer Strategie zu unterstützen und andererseits den Zustand der Gebäude baufachlich zu erheben.

Quelle: reformiert.info, 21. April 2020, Thomas Illi