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Pfarrmangel: Konkordats-Idee findet wenig Zustimmung

Das Konkordat hat einen Notfallplan gegen den Pfarrmangel in der Schublade. In der Pfarrschaft kommt der Vorschlag, erleichtert Zugang zu Pfarrstellen zu gewähren, überwiegend schlecht an.

Der Pfarrmangel wird sich in den kommenden Jahren verstärken, darüber herrscht Einigkeit. Thomas Schaufelberger, Leiter A+W beim Konkordat, erläuterte in einem Interview mit ref.ch, wie der Notfallplan zu verstehen ist, der das Problem der vakanten Pfarrstellen schmälern soll. Die Vernehmlassung dazu hat gerade erst begonnen. Der Entscheid fällt im kommenden Juni. Die Idee des Konkordats lautet verkürzt: Akademikerinnen und Akademiker ab 55 Jahre sollen nach einem Aufnahmegespräch und einem Assessment eine dreimonatige Ausbildung absolvieren können. Dann würden sie – unter enger Betreuung – ein Pfarramt übernehmen können. Die Personen könnten nicht gewählt werden, würden nicht Pfarrer genannt werden und erhielten nur 80 Prozent des Salärs einer Pfarrperson mit Theologiestudium. Der Notfallplan wäre zeitlich begrenzt, die Bemühungen um mehr Nachwuchskräfte würden unvermindert weitergeführt.

Sich nicht vor Freikirchen verschliessen

Nach der Publikation des Interviews hat ref.ch etliche Reaktionen erhalten. So schreibt Pfarrer John Bachmann von der reformierten Kirchgemeinde Grabs-Gams im Kanton St. Gallen: «Das Interview mit Thomas Schaufelberger hat mich etwas erstaunt und beelendet. Ich sehe die Zulassung von 'Plan-P-Leuten' zu Pfarramtsaufgaben kritisch. Auch scheint mir, dass Herr Schaufelberger noch immer in einem antifreikirchlichen Reflex denkt, den wir meiner Meinung nach hinter uns lassen sollten.» Bei den Freikirchen sei vieles im Wandel. Man öffne sich für grüne Themen, Anliegen der sozialen Gerechtigkeit und Meditation. Er sehe nicht ein, warum man Psychologen, Historikern oder Künstlern nach einer dreimonatigen Ausbildung den Weg ins «P-Pfarramt» öffne,  während Menschen aus einer Freikirche, die durch «Erfahrungen in ihrem Leben theologisch nicht mehr in eine Freikirche passen», immer noch als «ungeeignet» angesehen würden. Ausserdem verweist er darauf, dass man die Diakoninnen und Diakone einbeziehen könne, wenn es um den Fachkräftemangel im Pfarramt gehe.

Ungenügend vorbereitet

Das Weihnachtsgeschenk «Plan P» von Seiten des Ausbildungskonkordats komme ungelegen, schreibt Pfarrer Benjamin Rodriguez Weber aus Uerkheim AG. Denn: Das «Bodenpersonal» im Dienst in den Lokalgemeinden habe in der Woche vor Weihnachten keine Zeit, um «solche Schnapsideen» zu registrieren oder zu diskutieren. Am Beispiel seines Dorfpfarramts spielt er durch, was es für eine Pfarrperson hiesse, nach einer dreimonatigen Ausbildung den Beruf anzutreten. «In Uerkheim erwartet sie eine Gemeinde mit rund 650 Mitgliedern, zwei- bis dreimal im Monat ist ein Gottesdienst am Sonntagmorgen zu halten, dazu kommen Gottesdienste in Pflegezentren und Gottesdienste an Feiertagen. Sie ist verantwortlich für den Unterricht der 8. und 9. Klasse in Hinblick auf die Konfirmation. Terminplanung, Erstellung des Syllabus, Erarbeitung der Unterrichtsmaterialien liegen bei ihr. Ein Konfirmandenlager wird erwartet», schreibt Rodriguez.

Seine Aufzählung umfasst auch die zehn bis zwölf Abdankungen pro Jahr, die Herausforderungen der Seelsorge und erwähnt auch die andere Seite des Berufs: «Ansätze der Personalführung sind in der Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen unerlässlich. Es wird erwartet, dass man in den Kirchenpflegesitzungen das Pfarramt überblickt und seine Arbeit macht. Viele administrative Aufgaben kommen im Einzelpfarramt automatisch dazu, die an anderen Orten ein Sekretariat übernimmt.» Es gebe bestimmt einzelne Ausnahmetalente, die sich ohne Ausbildung in einem Einzelpfarramt wie Uerkheim erfolgreich einfinden könnten. «Aber trifft das auf jeden Akademiker und jede Akademikerin zu, die über 55 Jahre alt ist, ein Assessment hinter sich und ein dreimonatiges Einstiegsmodul absolviert hat?» fragt Rodriguez Weber. Auch nach einem regulären Theologiestudium und dem einjährigen Vikariat sei man nur bedingt für eine Stelle wie das Pfarramt in Uerkheim vorbereitet. Die Notlösung würde zu Notfällen in den Kirchgemeinden führen und schlimmstenfalls trügen die Kirchen im Anschluss noch die Krankheitskosten von ausgebrannten Notlösungen.

«Grober Ressourcenverschleiss»

Die Diskussion über den Vorschlag innerhalb des Konkordats nennt er einen «groben Ressourcenverschleiss» und schlägt vor, die Kompetenzen von Sozialdiakoninnen und Sozialkiakonen zu erweitern oder das Pfarramt gegenüber geeigneten Pastorinnen und Pastoren aus den Freikirchen zu öffnen. «Das Argument 'Schaden für den Pfarrberuf' halte ich in weiten Teilen für einen Strohmann», schreibt Pfarrer Michael Wiesmann aus Aarau. Und weiter: «Tatsache ist, dass manche Konkordatskirchen nach wie vor gut ausgebildeten und kirchlich erfahrenen Sozialdiakoninnen und -diakonen eine Ordination und das Wahrnehmen pfarramtlicher Aufgaben nicht zugestehen. Es ist hingegen durchaus zu befürchten, dass der Pfarrberuf Schaden nehmen könnte, wenn man fachfremde Personen ohne theologische und/oder kirchliche Ausbildung mal eben etwas ‘pfärrerle’ lässt.» «Ja – ich bin auch schwer gespannt», meint Theologe Albrecht Groezinger. Er schreibt: «Karl Barth hat ja immer wieder gerne Franz Overbeck zitiert: ‘Ausser durch Verwegenheit ist Theologie nicht zu begründen…’ Gilt wohl auch für die kirchliche Ausbildung.»

Ein positives Echo schickt Manuel Perucchi, Regionalpfarrer Oberaargau/Unteres Emmental. Für ihn ist der Notfallplan «ein mutiges, pragmatisches Vorhaben, das die Zeichen der Zeit erkennt.» Als Notfallplan, den man bei Bedarf zeitlich befristet zücken könne, sei es eine vernünftige und überschaubare Sache. Das heisse nicht, dass man andere gut qualifizierte, aber nicht ordinierte Theologinnen und Theologen, Sozialdiakoninnen und -diakone nicht auch vermehrt auf den Radar nehmen müsse. Über die Grenzen des Konkordats hinausgehend fragt er: «Gibt es hinsichtlich Plan P auch mit Refbejuso einen Austausch?»

Quelle: www.ref.ch, 20.12.2024, Heimito Nollé und Daniel Stehula