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Fokus 04/2021

Warum die Kirchgemeinde Hilterfingen Briefmarken sammelt

Nicht nur das legendäre «Basler Dybli» wird bei Auktionen teuer gehandelt. Auch für andere Briefmarken greifen Sammler tief ins Portemonnaie. Die Kirchgemeinde Hilterfingen nutzt diese Leidenschaft für gemeinnützige Zwecke.

«Diese Marken könnten wir auch gut gebrauchen», sagte Verena Fröhlin aus Hilterfingen zu ihrem Mann Urs. Sie hatte im Thuner Tagblatt (TT) gerade den Artikel über den Briefmarkensammler Bert Seemann aus Deutschland gelesen. Dieser hatte im November einen langen Brief an die Redaktion geschrieben mit der Frage, ob man ihm nicht einige Briefumschläge, die nach Erhalt für gewöhnlich weggeworfen werden, weiterleiten könne. Die Redaktion sammelte nicht nur selber, sondern veröffentlichte Seemanns Anliegen auch auf der Forum-Seite. Das Echo auf den Aufruf war laut TT umwerfend: Im Verlauf der nächsten fünf Wochen erhielt Seemann mehr als 67’000 Briefmarken zugeschickt. Zurück zu dem pensionierten Ehepaar aus Hilterfingen: Verena und Urs Fröhlin sammeln ebenfalls Briefmarken – aber nicht für sich, sondern für andere Menschen.

Für Kinder im Orient

Die Kirchgemeinde Hilterfingen begann vor 25 Jahren Briefmarken zu sammeln und sie einem christlichen Hilfswerk zu übergeben, welches sie verkaufte und den Erlös für gemeinnützige Zwecke einsetzte. «Später wurden die Marken durch den damaligen Pfarrer dem Christlichen Hilfsbund im Orient für Kinderarbeit im Libanon und Armenien geschickt, der sie im selben Sinne weiterverwendete», sagte Urs Fröhlin, der – wie seine Frau – mehrere Jahre Mitglied des Kirchgemeinderates war und in den vergangenen 20 Jahren das Archiv der Kirchgemeinde Hilterfingen führte. Als dieser Pfarrer in Pension ging und wegzog, hörte er mit dem Sammeln auf. «Danach gaben wir die Marken dem Justinuswerk in Freiburg», wie Urs Fröhlin weiter ausführte. «Das ist eine gemeinnützige Institution, welche jungen Studierenden aus aller Welt Stipendien sowie Unterkünfte in Freiburg, Genf und Zürich anbietet.»

Sammelboxen an den Gebäuden der Kirchgemeinde

Um die Marken zu sammeln, sind an jedem öffentlichen Gebäude der Kirchgemeinde Hilterfingen Sammelboxen angebracht. Manchmal erhält die Kirchgemeinde aber auch ganze Markensammlungen aus dem Nachlass von Verstorbenen, fein säuberlich in Alben abgelegt, sowie Ersttagscouverts und ganze alte und neue Ansichtskarten inklusive Frankatur. Willkommen sind schweizerische, ausländische, gewöhnliche und besondere, gestempelte und postfrische, Sonder- und Dauermarken sämtlicher Werte. «Im Justinuswerk bearbeiten vier Philatelisten in freiwilliger Arbeit jeweils donnerstags die zugegangenen Sendungen und organisieren jährlich eine öffentliche, in Sammlerkreisen gut bekannte Auktion mit beachtlichem Erlös», schildert Urs Fröhlin das weitere Vorgehen. Bei diesen Auktionen kommen auch andere Gegenstände, die dem Justinuswerk übergeben worden sind, unter den Hammer: Münzen und Medaillen, Banknoten aus aller Welt, Uhren und Schmuck, Gold- und Silberwaren sowie Nippsachen. Unter dem Strich kommen bei jeder dieser Auktionen rund 40’000 Franken zusammen. Wie viel Geld die Marken aus der Kirchgemeinde Hilterfingen zusammenbringen, weiss Urs Fröhlin nicht. «Aber das Gewicht der Marken, die in den vergangenen 25 Jahren weitergegeben werden konnten, beträgt rund 30 Kilo.»

Briefmarken für die gemeinnützige Sammlung können in die Sammelboxen gelegt oder der Kirchgemeinde Hilterfingen per Post zugeschickt werden: Verena und Urs Fröhlin-Grossen, Rainweg 7, 3626 Hünibach

Quelle: Thuner Tagblatt, 10.03.2021, Marc Imboden, Foto: zvg.