Dass es keine Kleinigkeit ist, die Menschen mit der Orgel zu erreichen, weiss Babette Mondry, seit sie dieses kirchlich abonnierte Prachtinstrument für sich entdeckt hat. Gleichwohl war und ist es für sie ein Ansporn, ihre Orgelkonzerte auch mal aus der sakralen Ecke herauszuholen: «Ich konzipiere meine Konzerte mit Schwung, und nicht herantastend.» Im niedersächsischen Braunschweig geboren, zog es Babette Mondry zum Studium nach Hannover, wo sie Kirchenmusik studierte. Ihre Eltern hatten ihr die Liebe zur Musik vermacht. Denn sowohl die Mutter als auch der Vater sangen halbprofessionell Lieder, Opernauszüge oder Oratorien mit Leidenschaft. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihr die Duette ihrer Eltern. «Beide hätten eine Gesangskarriere angestrebt, wenn die Nachkriegszeit sie nicht in Brotjobs gezwungen hätte», ist sich die 58-Jährige sicher. Die Eltern pflegten ihre Passion aber konsequent im Privaten.
Von der Besten gelernt
Bei einer Kunstreise in verschiedene Städte verliebte sich die junge Frau in die Stadt Basel. Im Anschluss an ihre Ausbildung in Hannover hängte sie ein Studium in der Stadt am Rheinknie an und schloss 1994 mit einem Konzertdiplom für Orgel ab. Ehrfurcht und Stolz ist in ihrer Stimme wahrzunehmen, wenn sie von ihren Meisterkursen bei Marie-Claire Alain erzählt. Die Organistin und Pädagogin aus der berühmten Orgel- und Komponistenfamilie, die viele namhafte Organistinnen und Organisten ausbildete, betrachtet Babette Mondry als einen Meilenstein ihrer Ausbildung. Während des Studiums in Basel arbeitete sie bereits in einigen Gemeinden und schuf sich ein dichtes Netz auch aus Mitstudierenden, die später Karriere machten – dazu zählen Musikgrössen wie Countertenor Andreas Scholl. Inzwischen lebt die «Wochenend- und Feiertag-Thunerin» seit 34 Jahren in Basel.
Neue Wege mit der Orgel
Seit 2017 ist Babette Mondry Stadtorganistin in Thun. Sie machte sich von Anbeginn einen Namen als Veranstalterin von innovativen Orgelkonzerten. Vor der Pandemie füllte sie nicht selten die Stadtkirche. Zögerlich, aber stetig kommen jetzt die Menschen wieder. «Andere Kollegen sind schon froh, wenn sie 25 Besuchende zählen. Wir erfreuen uns einer immer grösser werdenden Fangemeinde», erzählt sie. Seit einem Jahr hat die Organistin eine Leinwand im Kirchenschiff installiert, damit die Kirchengäste die Bewegungen der Musizierenden sehen können. Das sei erlebnisreicher, denn die Stadtkirche glänze zwar in ihrer Schlichtheit, biete aber wenige visuelle Punkte, welche die Zuhörenden fixieren könnten. Denn nicht jeder schliesse die Augen beim Geniessen der Musik. Als Befreiung empfindet die Profimusikerin ihre jüngsten Projekte in Basel, wie etwa «vocal:orgel», bei dem halbszenische Konzertformate für Vokalensembles, Solostimmen und eine Konzertorgel im Stadtcasino Basel auf dem Programm stehen. Dabei entstehen auch Kooperationen mit Schulchören. «Es gibt ein Repertoire für die Orgel jenseits der Kirchenmusik, das ich wie ein Kind entdecke», schwärmt Mondry.
Abschluss mit «Boléro»
Das letzte Orgelkonzert dieses Jahres ist von der innovativen Kraft der Musikerin geprägt. Gespielt wird «Boléro» von Maurice Ravel. Die kleine Trommel, die in diesem Stück eine wichtige Rolle einnimmt, wird vom hochgeachteten Drummer Fritz Hauser geschlagen. Im letzten Teil des Stücks tritt der Profitänzer Marioenrico D’Angelo mit einer eigenen Choreografie auf. Es folgt die berühmte Toccata und Fuge von Johann Sebastian Bach. «Auf der Leinwand können die Konzertgäste erleben, wie tänzerisch die anspruchsvolle Beinarbeit an der Orgel wirkt», klärt die Organistin auf. Als drittes zeitgenössisches Werk stehen die «Trois Danses» von Jehan Alain auf dem Programm, dem Bruder von Marie-Claire Alain. Als zusätzlichen visuellen Leckerbissen übernahm der Lichtregisseur Klaus Suppan die Beleuchtung, um eine sinnliche Atmosphäre zu schaffen.
Orgelkonzert «Orgel und Tanz», Stadtkirche Thun, 2. November, 17 Uhr. Eintritt frei.
Quelle: www.thunertagblatt.ch, 01.11.2024, Christina Burghagen