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Uetendorf: Freiwilligenarbeit institutionalisiert

Die Gemeinde Uetendorf hat die Freiwilligenarbeit institutionalisiert und damit eine Pionierfunktion in der Region Thun übernommen. Ruth Thomet und Hugo Laager gehören zu den Leuten, die sich unentgeltlich um ihre Mitmenschen kümmern.

In ein tiefes Loch fallen viele Leute nach ihrer Pensionierung. Die Tagesstruktur bricht von einem Tag auf den anderen weg, und die Zahl derer, mit denen sie zuvor regelmässig in Kontakt standen, wird kleiner und kleiner. Für Ruth Thomet und Hugo Laager aus Uetendorf war der Wechsel in den Ruhestand hingegen nie ein Problem. «Für mich war es selbstverständlich, einen Teil meiner Zeit anderen Leuten zur Verfügung zu stellen», sagt Laager im Gespräch mit dieser Zeitung. Er arbeitete vor der Pensionierung unter anderem während 16 Jahren im Migrationsbereich; nicht in der Verwaltung, sondern in der Betreuung von Flüchtlingen. Sein Credo: «Integration kann nur gelingen, wenn wir auf die Migrantinnen und Migranten zugehen und uns ihnen gegenüber öffnen.»

Bereit für die neue Aufgabe

Auch bei Ruth Thomet gehört die Interaktion mit ihren Mitmenschen untrennbar zu ihrer Persönlichkeit, nachdem sie während mehr als 40 Jahren Lehrerin und 15 Jahre Schulleiterin an der Oberstufe in Thierachern gewesen ist. «Nach der Pensionierung brauchte ich zuerst eine gewisse Zeit für mich selber, um mich an die neue Situation zu gewöhnen. Dann war ich bereit für eine neue Aufgabe.» Thomet und Laager kamen mit der Freiwilligenarbeit Uetendorf in Kontakt und kümmern sich seit ein paar Jahren unter anderem um Menschen mit Migrationshintergrund, die in der Gemeinde leben. Die ehemalige Lehrerin betreute ab 2016 eine syrisch-aramäische Familie: «Vater, Mutter, vier Kinder und die Grossmutter waren damals seit rund zwei Jahren in der Schweiz, aber erst seit kurzem in Uetendorf», blickt Ruth Thomet zurück. «Sie hatten bereits Deutschkurse besucht, und ich war erstaunt, wie gut sie sich verständigen konnten.» Sie habe sich der Familie gegenüber zu Beginn etwas unsicher gefühlt, doch das änderte sich rasch: «Sie haben mich sehr offen empfangen.» Ruth Thomet stand der Familie vor allem in sprachlichen Belangen zur Seite. «Man kann von den Ausländern nicht nur verlangen, dass sie unsere Sprache lernen. Sie müssen auch die Möglichkeit erhalten, sich darin zu üben», betont sie.

Hohe Motivation

Gerade beim Beginn des Schuljahres der Kinder war Thomet gefordert. «Die Infoblätter, die die Eltern in dieser Phase erhalten, sind bereits recht anspruchsvoll, wenn Deutsch die Muttersprache ist. Umso schwieriger wird es, wenn man aus einem völlig anderen Kulturkreis kommt.» Die Integration dieser syrisch-aramäischen Familie gestaltete sich vergleichsweise einfach. «Sie waren von Anfang an hoch motiviert, zu arbeiten, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen und von den Sozialdiensten unabhängig zu werden».

Quelle: Thuner Tagblatt, 22.12.2020, Marc Imboden