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Fokus 02/2016

Tag der Kranken am 6. März 2016 - «Lachen verbindet, ist ansteckend, schenkt Glücksmomente»

Das diesjährige Motto des Tages der Kranken wertschätzt einerseits die Arbeit all jener, welche Kranken ein Lächeln ins Gesicht zaubern, und zeigt andererseits auf, dass jeder und jede solche Glücksmomente schenken kann.
Lachen ist verbunden mit Humor, unerwarteter Situationskomik, Witz. Dem Lachen oder Lächeln gehört etwas Spielerisches an und es führt zu Erleichterung. Wir alle können dies im Alltag erleben. Man wird einen Augenblick abgelenkt von eigenen Gedankengängen – im Krankheitsfall von Grübeleien – und kann eine längere oder kürzere Weile etwas Beglückendes, Befreiendes empfinden. Wer wünschte sich das nicht! Dabei vergessen wir nie, dass Sorgen, Trauer und Schmerz oder Sterben stets dazugehören. Und doch dürfen wir mit den Betroffenen auch lächeln, Humor erleben und die Buntheit des Lebens zulassen. Jedes Ding hat seine Zeit. Aber: wie kann ich einen Kranken aufmuntern ohne plump oder zynisch zu sein? C’est le ton qui fait la musique! Lautes Lachen oder Grölen zum Beispiel passen eher nicht ans Krankenbett. Bei kranken Kindern kennen wir Spitalclowns, die feinen Humor verbreiten. Aber wie funktioniert dies bei Erwachsenen, vor allem ausserhalb des Spitals oder Heims? Bevor wir Antworten darauf suchen, wenden wir uns
einzelnen Aspekten von Humor/Lachen und deren medizinisch bekannten Wirkungen zu.

Lachen als Medizin


Lachen wird in einer Gehirnregion ausgelöst, die entwicklungsgeschichtlich älter ist als das Sprachzentrum. Der Säugling kann längst lachen bevor er zu sprechen anfängt. Ursprünglich hatte Lachen offenbar mit Zähnefletschen zu tun, war also ein Ausdruck von Aggression. Aber man kann es auch anders sehen. Ein Psychoanalytiker hat es einmal so formuliert: „Solange ich die Zähne zum Lachen brauche, kann ich sie nicht zum Beissen verwenden.“ Längst ist erkannt, dass Lachen den Heilungsprozess fördern kann. Diese Erkenntnis findet jedoch nur zögerlich Eingang in die heutigen nicht-medikamentösen Therapie-Ansätze, die von verschiedenen Ausgangspunkten ausgehen. Aber es gibt Beispiele sowohl in der Einzelbetreuung (R. Brioschi) als auch in Mehrpersonengruppen.

Gerade bei chronifizierten Schmerzen oder Demenzerkrankungen können wahre  Wunderwirkungen durch Lachen beobachtet werden. Selbst wenn die Wunder manchmal nicht lange anhalten, geschehen bei den Erkrankten positive Veränderungen. Wenn Kranke – angeregt von aussen – anfangen mitzulachen, geschehen im Körper Verschiebungen im Hormonhaushalt: Stresshormone vermindern sich und gleichzeitig werden vermehrt Endorphine, sogenannte Glückshormone ausgeschüttet. Zudem wird die Sauerstoffversorgung verbessert
durch vertiefte und vermehrte Atmung, was sich positiv auf Herztätigkeit und Blutdruck auswirkt. Zwerchfell, Gesichts- und Bauchmuskulatur werden ausserdem stark angeregt: Lachen kann bis zu 100 Muskeln aktivieren und bei einem kräftigen Lachstoss schiesst die Luft mit bis zu 100km/h durch die Lunge. Gemäss einer Untersuchung entsprechen 20 Sekunden Lachen etwa der körperlichen Leistung von drei Minuten schnellem Rudern. Als weitere positive Wirkung sind Verbesserungen im immunologischen Abwehrsystem feststellbar. Es wurde ausserdem  nachgewiesen, dass Schmerzpatienten weniger häufig zu Schmerzmitteln greifen mussten, wenn sie während wenigen Minuten lachen konnten, da Lachen eine Erleichterung erzeugt, die mit der vermehrten Produktion körpereigener, entzündungshemmender Stoffe einhergeht.
 
Lachen hat also sogar eine präventive Wirkung! Und es kann ansteckend wirken, denn die neurophysiologische Forschung hat herausgefunden, dass dank sogenannter Spiegelneuronen u.a. Lachen von einer Person zur anderen übertragen werden kann (J.Bauer).  Humor – eine feine und individuelle Sache. Der im 19. Jahrhundert beliebte Schriftsteller Wilhelm Raabe soll vom Humor gesagt haben, er „ sei der Schwimmgürtel auf dem Strom des Lebens“. Humor ist eine äusserst komplexe Erscheinung, die wissenschaftlich – trotz unzähliger Publikationen – noch längst nicht erschöpfend dargestellt worden ist. Eines ist aber klar: Humor ist eine feine Sache! Jedoch gilt es klar zu unterscheiden zwischen Humor und Ironie: Ironie birgt die Gefahr, dass sich das Gegenüber verletzt fühlt. Noch schlimmer als Ironie ist Zynismus. Das Lächeln oder Lachen, welches eine humorvolle Bemerkung begleitet, sollte die andere Person niemals kritisieren, schwächen oder herabsetzen. Im Gegenteil: Es soll erleichtern und so einen Hoffnungsstrahl schicken. Humor kann vielfältig in Erscheinung treten so etwa in Form von Anekdoten, Aphorismen, Cartoons, Komödien, Kabarett, Karikaturen oder Comedy. Aber: nicht
jeder Mensch hat denselben Humor. Wenn ich etwas lustig finde, muss es noch lange nicht heissen, dass mein Gegenüber gleich empfindet. Gerade am Krankenbett braucht es Feingefühl und Einfühlungsvermögen in den Humor des andern. Kaum eine kranke Person fühlt sich der Spassgesellschaft zugehörig, es sei denn, sie wehre ihre Ängste durch mehr oder minder bissigen Galgenhumor ab.

Treffen wir den Humor des andern, können wir ihm helfen, inneren Abstand zu gewinnen zu sich, zur momentanen Situation und der Krankheit. Wenn die Krankheit als Krise empfunden wird, kann ein solcher Abstand helfen, Wege aus der Krise zu finden. In der Psychotherapie zeigt sich, wie sehr der Ausdruck des Therapeuten – etwa Schmunzeln, Lächeln, Lachen – dem Gegenüber helfen kann, bei sich Erleichterung zuzulassen und eine Neuorientierung zu wagen. Dem Buch „Integrative Therapie“ ist zu entnehmen, dass sich drei Dimensionen der psychotherapeutischen Wirkung von Humor unterscheiden lassen:
1.  eine emotionale: Hemmungen lösen sich und die spontane Verbalisierung wird gefördert;  
2.  eine kognitive: Kreativität und Flexibilität werden mobilisiert;
3.  eine kommunikative: Humor wirkt entspannend, anregend und beziehungsfördernd.

Der persönliche Einsatz zählt


Bei der Begegnung mit einer kranken Person möchten wir gerne ein wenig Sonnenschein erzeugen. Dass wir uns positiv einzustellen versuchen, ist ein erster Schritt. Es braucht ausserdem viel innere Freiheit und Flexibilität, denn wir müssen uns auf das Gegenüber einstellen können und Abstand nehmen von eigenen Vorstellungen, was humorvoll ist. Dadurch nähern wir uns dem Spielerischen an, das unbedingt mit Situationskomik und Humor verbunden ist. Zudem ist grosse Feinfühligkeit gefragt. So können wir das Terrain vorbereiten zu einem liebevoll-freundlichen Kontakt und Rücksicht nehmen auf die Stimmungslage der erkrankten,
vielleicht sogar todkranken Person. Erfahrungsberichte von Clowns, die speziell für Spitäler oder Heime ausgebildet wurden, belegen, wie sehr ganz kleine Auslöser grosse Wirkung entfalten können.

Bei Menschen mit Demenz beispielsweise lässt sich beobachten, dass die Apathie aus den Gesichtern verschwindet und Kontakt mit den Besuchenden aufgenommen wird. Wenn gesungen wird, stimmen sie auf einmal mit ein oder wippen im Takt mit Händen und Füssen. Aber auch ohne solche Ausbildung kann man kranken Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern! Wir müssen also keine speziellen Kurse besuchen – zum Beispiel in Lach-Yoga – auch wenn diese gerade in Mode sind und dem eigenen Seelenheil sicher gut tun. Man muss einfach die eigenen Bedürfnisse für einen Augenblick beiseiteschieben und sich ernsthaft auf das Gegenüber einstellen. Die Kunst besteht darin, herauszufinden, wie man den anderen Menschen liebevoll mit Worten und Gesten „kitzeln“ kann, sodass die Chance eines Lächelns entsteht. Das meinen wir mit „Glücksmoment“.

Und nicht zu vergessen: Alle gelingenden Kontakte, bei denen gute Laune und der Zauber eines Lächelns anvisiert werden, sind geprägt durch das Ansteckende! Der Brasilianer Helder Camara hat es einmal so formuliert: „Bei einem steckengebliebenen Auto reichte ein kleiner Stoss von einem befreundeten Auto. Bei müden und mutlosen Seelen reicht manchmal noch weniger“.

«Tag der Kranken» ist ein gemeinnütziger Verein

Der «Tag der Kranken» ist ein gemeinnütziger Verein, der 1939 gegründet wurde. Mitglieder des Vereins sind sowohl Patientenorganisationen als auch Gesundheitsligen, Fachverbände, die  Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) und andere im Gesundheitswesen tätige Vereinigungen und Verbände. Der «Tag der Kranken»  sensibilisiert die Bevölkerung einmal pro Jahr zu einem besonderen Thema aus dem Bereich Gesundheit und Krankheit. Er will dazu beitragen, gute Beziehungen zwischen Kranken und Gesunden zu fördern, Verständnis für die Bedürfnisse der Kranken zu schaffen und an die Pflichten der Gesunden gegenüber kranken Menschen zu erinnern. Zudem setzt er  sich  für  die  Anerkennung der Tätigkeiten all jener ein, die sich beruflich und privat für Patientinnen und  Patienten engagieren. Der Verein finanziert sich über Mitgliederbeiträge und Spenden.

Tag der Kranken, Spendenkonto: PC 89-187572-0
Hilfsangeboten und Literaturhinweise: www.tagderkranken.ch

Textquellen: Factsheet von Dr. med. Ursula Steiner-König, Vizepräsidentin Tag der Kranken, "info refbejuso" vom 01.02.2016, Bildquelle: www.kirchenbund.ch/de/themen/krankheit-tag-der-kranken, Redaktion: Stephanie Keller